Gelassenheit


  1. Begriffsbestimmung
  2. Bedingungen
  3. Störfaktoren
  4. Formen der Gelassenheit
  5. Was man tun kann, um zu lassen
Klar sieht nur, wer von keinem Ziel besessen ist.

Fünf Minuten Nichtstun kann nützlicher sein als eine Stunde Strebsamkeit; wenn das Nichtstun achtsam vollzogen wird.

Gelassenheit ist Überlegenheit.

Wer denkt, ist weder da, wo er ist, noch dort, wo er hinwill.

Der Wechsel von Tun und Lassen verhindert, dass das Leben entgleist.

1. Begriffsbestimmung

Die Vorsilbe Ge- zeigt eine Versammlung an. Im Falle der Gelassenheit ist es eine Versammlung des Geistes. Der gelassene Geist versammelt sich dort, von wo aus er die Dinge geschehen lässt, ohne steuernd in sie einzugreifen. Das können sowohl äußere als auch innere Ereignisse sein. Der Versammlung steht Zerstreuung gegenüber. Der gelassen versammelte Geist steht über dem Wogen der Dinge, der zerstreute stürzt sich hinein und ergreift Partei.

2. Bedingungen

Gelassenheit ist ein Bewusstseinszustand. Er umfasst mehr als dass man Ereignisse bloß nicht verhindert. Der Fernseher verhindert nicht, dass das Bügeleisen bügelt. Trotzdem ist er nicht gelassen. Offensichtlich gibt es Bedingungen, ohne deren Erfüllung von Gelassenheit keine Rede sein kann. Dazu gehört, dass...

  1. man vom Sachverhalt weiß, dem gegenüber man gelassen reagiert.
  2. man darauf vertraut, dass der Lauf der Dinge, die man zulässt, grundsätzlich in Ordnung ist.
Paradox
Gelassenheit erfüllt sich keineswegs darin, dass man einfach nichts tut. Zur Gelassen­heit gehört auch, dass man eigene Impulse gewähren lässt. Eigene Impulse können dazu führen, dass man eine Menge macht. Der Gelassene bewirkt oft mehr als der, der es bloß nicht lassen kann, ständig etwas zu tun.

Paradox II
Gelassenheit erschöpft sich nicht in unent­wegtem Gleichmut. Der tatsächlich Gelas­sene lässt auch Phasen der Anspannung zu. Wer Anspannung nicht umgehend auflösen will, sondern sie achtsam hinnimmt, entspannt sich meist schneller als der, der sie offensiv zu entsorgen versucht.
2.1. Kenntnis

Gelassenheit setzt voraus, dass man weiß, was man geschehen lässt. Es stimmt zwar: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Niemanden würde man aber tatsächlich als gelassen bezeichnen, bloß weil er hinter dem Mond lebt. Gelassenheit ist eine Reaktion auf Ereignisse, von denen man etwas weiß.

Lukas weiß nichts davon, dass Lara mit Ludger flirtet. Dass er nicht einschreitet, ist kein Resultat von Gelassenheit. Es ist seiner Ahnungslosigkeit zu verdanken.

Es mag sein, dass man hinter dem Mond seine Ruhe hat; weil dort einfach gar nichts passiert. Das Einzige, dem gegenüber man dort gelassen sein könnte, wäre die Tatsache, dass es sonst keine Tatsachen gibt.

2.2. Vertrauen

Tatenlosigkeit gegenüber dem, was geschieht, heißt noch nicht, dass man es gelassen geschehen lässt; obwohl, weil man weiß, was vorgeht.

Lukas beobachtet, wie Lara Ludger schöne Augen macht. Er unternimmt nichts, weil er fürchtet, dass man über seine Eifersucht lachen wird. Dass Lukas Laras Flirt geschehen lässt, heißt nicht, dass er dem Lauf der Dinge gelassen entgegensieht.

Die zweite Bedingung der Gelassenheit erfüllt nur, wer darauf vertraut, dass das, was geschieht, auch dann in Ordnung ist, wenn es seinen persönlichen Interessen momentan zuwiderläuft.

Lukas sieht Laras bedenkliches Treiben. Obwohl er fürchtet, sie zu verlieren, erträgt er seine Eifersucht mit Zuversicht. Wenn es so sein sollte, dass seine Liebe Lara nicht genügt, wird es auch für ihn auf lange Sicht das Beste sein, wenn sie ihn verlässt.

Die Geschichte vom Bauern, dessen Pferd weglief

Eines Morgens war Changs Pferd weg. Als die Nachbarn es erfuhren, hatten sie Mitleid mit ihm. Chang blieb gelassen: Woher soll man wissen, ob es nicht besser ist, dass das Pferd weglief? Die Nachbarn waren über Changs Haltung verwundert. Der Verlust des Pferdes erschien ihnen als großes Unglück.

Tags darauf kam das Pferd zurück. Es lief ihm ein Wildpferd nach. Die Nachbarn sagten: Chang, Du hattest Recht. Es war ein Glücksfall, dass Dein Pferd weglief. Jetzt hast Du zwei. Chang blieb gelassen: Woher soll man wissen, ob es gut ist, wenn man zwei hat? Die Nachbarn wunderten sich erneut. Zwei Pferde sind doch besser als eins!

Changs Sohn ritt das neue Pferd zu. Es warf ihn ab. Er brach sich ein Bein. Erneut hatten die Nachbarn Mitleid: Oh je! Ausgerechnet zur Erntezeit fällt Dein Sohn aus. Chang blieb gelassen: Wer weiß, ob das gebrochene Bein kein Segen ist? Die Nachbarn schüttelten erneut den Kopf. Chang schien nicht zu wissen, wovon er redet.

Krieg brach aus. Alle Söhne des Dorfes mussten an die Front. Nur Changs Sohn nicht. Dessen Bein war gebrochen.

All das geschah im September 438 in Wuyuan in der Provinz Jiangxi. Seitdem fanden dort Abertausende von Ereignissen statt, von denen man nie genau sagen konnte, ob sie zu begrüßen oder zu bedauern waren. Gelernt haben die Nachbarn trotzdem nichts.

3. Störfaktoren

Gelassenheit ist störanfällig. Fast jeder weiß, wie schwer sie zu erreichen ist... und erst recht, sie zu behalten. Fünf Faktoren sind es, die der Gelassenheit regelmäßig in die Quere kommen und gegen die sie stets aufs Neue zu behaupten ist:

  1. zielstrebiges Handeln
  2. ruheloses Denken
  3. schieres Wissen
  4. gefühltes Leiden
  5. Selbstbild
3.1. Handeln

Was liegt dem Menschen mehr am Herzen als sein Vorteil? Was fürchtet er mehr als seinen Nachteil? Kein Wunder, dass er ständig versucht, sich das eine zu verschaffen und das andere abzuwehren. Dazu tut er etwas. Er...

Hindernisse

Hindernisse regen den Geist an...

  • wenn man Erfahrungen grundsätzlich als Gewinn betrachtet; selbst wenn sie bitter sind.
  • wenn man sich herausfordern lässt, seine Kraft am Hindernis zu schulen.
  • wenn man im Falle eines Falles wieder aufsteht und andere Wege geht.

Hindernisse regen den Geist auf...

  • wenn man nur an den Erfolg denkt.
  • wenn man vor ihnen aufgibt.
  • wenn man dem Leben böse Absichten unterstellt.

Der Mensch ist meist in Handlungsabläufe verstrickt, durch die er Ziele erreichen will. Wäre das Erreichen der Ziele durch passende Handlungsabläufe garantiert, wäre es leicht, die Dinge so geschehen zu lassen, wie sie kommen. Doch das wäre dem Himmel zu langweilig.

Der Himmel scheint nicht damit zufrieden zu sein, dass irgendetwas abläuft. Es scheint ihm vielmehr zu gefallen, dass den Bewohnern seiner Wirklichkeit beim Streben nach tausenderlei Zielen ein Licht aufgeht. Deshalb streut er Hindernisse aus, die den Geist anregen. Schauen wir also, was beim täglichen Kampf um den Vor- und gegen den Nachteil des Gärtners tatsächlich geschieht. Ich...

Kurzum: Wenn alles läuft, wie man es erwartet, kann man die Dinge laufen lassen. Handlungsabläufe stoßen jedoch oft auf Hindernisse. Dann ist es mit der Gelassenheit schnell vorbei. Man meint, es geschehe, was eigentlich nicht geschehen soll.

3.2. Denken

Man könnte meinen, dass ein Mensch, wenn er nichts Erkennbares tut - sondern bloß nachdenkt - die Dinge so sein lässt, wie sie sind. Das trügt: Jedes Denken ist bereits Tat. Es zielt darauf ab, in den Lauf der Dinge einzugreifen.

Entzugserscheinungen

Die Wahrnehmung dessen, der nachdenkt, ist eingeschränkt. Warum ist das so? Es ist so, weil sich alles, was wahrgenommen werden kann, im unmittelbaren Jetzt befindet. Da jeder Gedanke den Geist aber auf Vorstellungs­bilder ausrichtet, entzieht man der Wirklichkeit beim Denken einen Teil jener Achtsamkeit, mit der man sie erkennen könnte.

Entweder analysiert das Denken Vergangenes, um daraus Schlüsse zu ziehen, die künftig nützlich sind. Oder es entwirft Modelle der Zukunft und simuliert den Einfluss tätiger Eingriffe auf den weiteren Verlauf der Wirklichkeit.

Wer kennt das nicht?

Als Lena Lars von ihrem Treffen mit Lisa erzählte, war Lars in Gedanken so mit dem Ärger am Arbeitsplatz beschäftigt, also mit der Frage, wie er sich den Ärger vom Halse schaffen kann, dass er nicht mitbekam, wovon Lena eigentlich sprach. Ab und an nickte er geflissentlich. Er wollte nicht, dass sie merkt, dass er sie und ihre Themen gar nicht wahrnahm.

Je intensiver man mit Denkvorgängen beschäftigt ist, desto weniger richtet man die Aufmerksamkeit auf das Jetzt der Wirklichkeit, in der man Ereignisse erkennend und zustimmend geschehen lassen kann.

Zu allem Überfluss frönt das Denken nicht selten seinem größten Laster. Es beschäftigt sich mit unerfreulichen Tatsachen, die man nicht verändern kann.

3.3. Wissen

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. So hieß es schon oben. Die Hitze, die durch die Kenntnis eines Sachverhalts entsteht, entspringt der Kraft, die man aufbietet, um sich gegen unliebsame Sachverhalte im Geiste aufzubäumen.

Acht Wochen vor ihrer Geburt schwamm Sabrina im Fruchtwasser. Sie lutschte sorglos am Daumen. Hätte sie damals schon gewusst, welche Strapazen jenseits der Dunkelheit auf sie warten, wäre ihre Gelassenheit ernsthaft in Gefahr gewesen.

Sorglosigkeit

Sorglosigkeit heißt, für nichts Sorge zu tragen. Für nichts Sorge zu tragen heißt, nichts zu tun, um einen zukünftigen Zustand der Dinge bereits heute vorherzubestimmen. Der Sorglose sagt: Wenn es soweit ist, kann ich immer noch handeln.

Das bloße Wissen um Sachverhalte und Entwicklungen, die man als bedrohlich empfindet, reicht oft aus, um dem Gang der Dinge jene Zustimmung zu entziehen, die Grundlage eines gelassenen Gemütes ist.

3.4. Leiden

Leid besteht aus unangenehmen Gefühlen. Wie das Wort un-an-genehm schon sagt, neigt man dazu, das Unangenehme nicht so anzunehmen, wie es ist. Man sträubt sich dagegen. Sich gegen Gefühle zu sträuben ist das schiere Gegenteil der Gelassenheit.

Noch niemand hat Gelassenheit je erlitten. Da sie selbst zu den angenehmen Erfah­rungen im Leben gehört, neigt man dazu, genau dem gegenüber nicht gelassen zu sein, was unangenehm ist. Tritt Leid auf, was im Leben unvermeidlich ist, reagieren viele nicht mit Gelassen-, sondern mit übertriebener Betriebsamkeit. Das Leid muss so schnell wie möglich weg! So lautet die Devise. Und schon stürzt sich das Opfer des Irrtums in dem Kampf. Viel Leid verfliegt von selbst, wenn man so weise ist, ihm ohne Empörung zu begegnen.

Gelassen bleibt, wer sich nicht mit der Person verwechselt, deren Rolle er spielt.
3.5. Selbstbild

Große Bedeutung beim Thema Gelassenheit hat die Frage, womit man sich identifiziert. Identifizieren heißt etwas gleichmachen. Eigentlich ist Identifikation aber ein Sichgleichsetzen. Wer sich mit etwas identifiziert, hält sich für dies oder das, ohne es tatsächlich zu sein. Falls ich mich mit Napoleon identifiziere, heißt das nicht, dass ich mich zu ihm gemacht hätte. Ich bilde mir bloß ein, ich sei er. Identifikation ist Illusion.

Der Gelassene sagt nicht:
Ich bin diese Person.

Er sagt:
Meine Person ist Ausdruck und Spielart meiner selbst.

Der Mensch kann sich für alles Mögliche halten:

Je mehr man mit seiner Person identifiziert ist, desto mehr ist man Anwalt egozentri­scher Interessen... und dadurch ins Konkurrenzgerangel mit tausend anderen Anwälten verstrickt. Bei deren Kampf um Positionen ist Gelassenheit nur schwer zu halten.

4. Formen der Gelassenheit

Vollgültig gelassen ist, wer keine Ziele verfolgt, seine Achtsamkeit ins Hier-und-Jetzt versammelt und von dort aus vertrauensvoll den Lauf der Dinge betrachtet, ohne willentlich einzugreifen. Das kann aus zwei verschiedenen Perspektiven geschehen und damit zwei Grundmuster der Gelassenheit begründen.

Grundmuster der Gelassenheit

Aus der Perspektive... Grundmuster
motorischer Reglosigkeit kontemplative Gelassenheit
einer handelnden Person tätige Gelassenheit

4.1. Kontemplative Gelassenheit

Gelassenheit kann sich als kontemplative Haltung zum Ausdruck bringen, bei der der Körper bewegungslos bleibt. Kontemplation geht auf das lateinische Verb contemplari = betrachten zurück. Eine Übung in solcher Gelassenheit ist die Meditation.

Jedes Bewusstsein ist ein bewusstes Sein der Wirklichkeit. Der Mensch verwirklicht sich, indem er die Wirklichkeit wissentlich zulässt.

Die Einübung kontemplativer Gelassenheit kann dazu führen, dass man die Person erkennt, deren Rollen man spielt, statt sich mit dieser Person gleichzusetzen. Je weniger man sich mit der Person gleichsetzt, deren Rolle man spielt, desto eher kann man im alltäglichen Handeln gelassen sein.

Rein kontemplativ ist eine Haltung dann, wenn das erkennende Subjekt alle erkennbaren Elemente der Wirklichkeit, die in seinem Bewusstsein auftauchen, wahrnimmt, ohne darauf handelnd zu reagieren.

Ich sitze im Sessel und betrachte die wechselnden Inhalte meines inneren und äußeren Wahrnehmungsfeldes.

Was aber, wenn die Lust auf Joghurt- und Zitroneneis aufkommt? Dann gibt es zwei Wege der Gelassenheit.

  1. Ich schaue dem Impuls zu, wie er kommt, wie er versucht, mich in Bewegung zu versetzen und wie er schließlich abebbt. Ich lasse damit zu, dass er mein Befinden durch seine Präsenz verändert, ohne dass ich auf ihn einwirke, indem ich etwas tue, was ihn beseitigt.
  2. Ich lasse es geschehen, dass der Impuls den Lauf der Welt verändert... und gehe zu Mandoliti.

Im ersten Fall behalte ich die rein kontemplative Haltung bei. Im zweiten wechsele ich in den Modus tätiger Gelassenheit.

4.2. Tätige Gelassenheit

Der Impuls, Eis zu essen, gehört ebenso zum Lauf der Welt wie zur Person, deren Rolle ich spiele. Der Gang zu Mandoliti ist aber nur dann Ausdruck tätiger Gelassenheit, wenn ich mich nicht mit der handelnden Person identifiziere, die ihn ausführt. Dann lasse ich zu, dass sich diese Person mit der Welt ins Befinden setzt und vertraue darauf, dass die Wechselwirkung - ohne Eingriff meinerseits - in Ordnung ist. Es geschieht, was geschieht.

Identifiziere ich mich mit der handelnden Person, dann sehe ich mich selbst als Handelnden, der im Handeln Gefahr läuft, die Position vollständiger Gelassenheit aufzugeben, um als Parteigänger egozentrische Absichten zu verfolgen.

Gespielte Gelassenheit
Unbeeinflussbarkeit durch äußere Ereignisse gilt als Zeichen persönlicher Souverä­nität. Entspringt die Abschirmung nach außen echter Sammlung des Geistes in einer erhöhten Position, von der aus die Welt betrachtet wird, liegt echte Gelassenheit vor.

Nicht jeder, der sich unbeeinflussbar gibt, ist es tatsächlich. Da cooles Verhalten vielerorts als cool gilt, wird es als Verhaltensmaske praktiziert; aber nicht, weil der Betreffende über den Dingen steht, sondern gerade deshalb, weil er den Effekt seines Auftretens im Auge hat.

Gespielte und echte Gelassenheit sind keine Spielarten desselben. Sie gleichen sich nur. Sie sind ihr jeweiliges Gegenteil. Der Gelassene hat kein Interesse an Wirkung. Der scheinbar Gelassene wirkt, indem er Desinteresse vorspielt.

5. Was man tun kann, um zu lassen

Bekanntermaßen wird Gelassenheit geübt. Dabei helfen zwei Schlüsselfragen der Selbsterkenntnis und ein kluger Umgang mit den Störfaktoren.

Absichten

Weil das Absehen ein Wegsehen ist, neigen Absichten dazu, unerkannt zu bleiben. Absichten löschen sich aus dem Licht, das sie beleuchten könnte. Nur wer keine Absicht hat, ist sicher, dass sie ihn nicht im Unklaren lässt.

5.1. Schlüsselfragen
  1. Was geschieht jetzt?
    Diese Frage führt das Bewusstsein in die Wirklichkeit; und nur dort kann es erkennen, was es lassen kann. Uneingeschränkt kann das Bewusstsein die Wirklichkeit aber nur erkennen, wenn die Beachtung dessen, was ist, nicht durch Absichten eingeschränkt wird.

  2. Was beabsichtige ich jetzt?
    Diese Frage klärt, welche Absichten mich beschränken. Wer die Absicht erkennt, die ihn bislang steuert, kann sich der Steuerung durch die Absicht entziehen. Und nur wer sich der Lenkung durch unerkannte Absichten entzieht, kann Impulse zulassen, von deren Zulassung er bisher abgesehen hat.

5.2. Umgang mit Störfaktoren

Wir erinnern uns: Zu den Störfaktoren der Gelassenheit gehören Handeln, Denken, Wissen, Leiden und Vorstellungen, die man über sich selbst hat. Allerdings stehen die fünf Faktoren nicht grundsätzlich im Widerspruch zur Gelassenheit, sondern nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn es Bedingungen gibt, unter denen sie stören, dann gibt es auch solche, unter denen sie es nicht tun. Ein paar Regeln können helfen, das potenziell Störende der Störfaktoren zu umgehen.

Machen Sie es sich nicht zu schwer: Um die Welt zu verbessern, genügt es zu lernen, man selbst zu sein. Und ohne das, bewirkt man sowieso nur selten Gutes.
  1. Betrachten Sie Hindernisse, denen Sie unterwegs begegnen nicht als Feinde. Betrachten Sie sie als Spielkameraden, durch die das Leben Ihnen Aufgaben stellt. Jeder Grund, sich zu ärgern, ist auch eine Gelegenheit, loszulassen.
  2. Wenn sich Ihr Denken immer wieder um dasselbe Thema dreht und keinen Ausweg findet, dann suchen Sie nach dem Gefühl, das unterhalb des Denkens als ungeliebte Erlebnismöglichkeit verborgen liegt. Erleben Sie auch das Unliebsame, das das Leben Ihnen zumutet, bis zum Ende. Das wird Sie von sinnlosem Denken befreien.

  3. Wenn Sie von Dingen wissen, die Sie weder gutheißen noch ändern können, dann nehmen Sie Ohnmacht und Heimatlosigkeit nicht als Zumutung von außen, sondern als Teil des eigenen Wesens an; oder sorgen Sie dafür, dass Sie von dem, was jenseits Ihres Einflusshorizontes liegt, nur so viel in Erfahrung bringen, wie Ihnen guttut.

  4. Wenn Leid aufkommt, das Sie nicht wenden können, dann flüchten Sie nicht. Erkunden Sie Ihr Leid wie ein Forscher die Wüste.
  5. Glauben Sie nicht, dass Sie das sind, was Sie im Spiegel sehen.