Seele und Gesundheit

Aphorismen


  1. Denken überspannt thematisch die Gegenwart und erzeugt so die Illusion, etwas über die Zukunft zu wissen. Tatsächlich kann man über die Zukunft grundsätzlich nichts wissen, sondern nur Vermutungen anstellen; von denen viele aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zutreffen. Morgen geht die Sonne auf. Bei vollständiger Bündelung der Achtsamkeit auf das Jetzt wird die Offenheit der Zukunft bewusst.
  2. Fremd in der Menschenwelt zu sein, kann auch als Auszeichnung verstanden werden, deren Bürde es gelassen zu ertragen gilt.
  3. Die entscheidende Dualität ist nicht die zwischen Ich und Nicht-Ich, sondern die zwischen Form und Freiheit.
  4. Als Körper geht Freiheit in Form über und erleidet dort Begrenzung.
  5. Je mehr man aufhebt, desto mehr muss man tragen.
  6. Ich habe nicht nur Probleme, ich bin eins. Probleme, die man hat, kann man gegen Bezahlung anderen überlassen. Das Problem, das man ist, wird man so leicht nicht los.
  7. Egal, wie viel man versteht: Am besten geht man davon aus, dass es nur ein Bruchteil ist.
  8. Leidenschaftslos schaue ich zu, wie Leidenschaften in mir kommen und gehen.
  9. Wer das Ganze sieht, hat keine Absichten mehr.
  10. Konkretes Dasein ist, was dem Wesentlichen vom Möglichen zufällt.
  11. Man kann Wahrheit als Bestand verstehen, der der Zeit enthoben ist; oder als Weg, die Zeit zu überwinden. Am Ziel ist auch der Weg überwunden.
  12. Wer sich selbst nicht genügt, dem ist nichts gut genug.
  13. Schönheit kann Glück verhindern. Auffallend schöne Menschen gehen oft davon aus, sie brächten schon viel in eine Beziehung ein: ihre Schönheit. Sie erwarten vom Partner, dass er das ausgleicht. Solange er das tut, sind beide zufrieden. Erfüllt der Partner die Erwartungen nicht mehr, zerbricht die Symbiose.
  14. Egal wie viel man versteht, man versteht immer so viel wie nichts. Man kann das, was man versteht, horizontal oder vertikal vergleichen. Horizontal heißt der Vergleich mit dem, was andere verstehen. Vertikal heißt der Vergleich mit dem, was man selbst verstehen könnte. Wer den eigenen Verstand mit dem anderer vergleicht, mag zu dem Ergebnis kommen, dass er mehr versteht. Wer sich mit anderen vergleicht, ist aber nicht bei sich selbst. Das heißt: Er versteht nichts.
  15. Nichts von dem, was ich bin, gehört mir.
  16. Wer dort, wo er ist, mit dem, was er hat, tut, was er kann, hat erfüllt, was seine Pflicht sein könnte.
  17. Kleine Kunst schmeichelt dem Ego des Künstlers. Große Kunst stellt Wirklichkeit dar. Sehr große Kunst sprengt die Vorstellung, dass die Wirklichkeit dargestellt werden kann.
  18. Leben heißt im Treibsand ausgesetzt zu sein und zu versuchen, ein Haus zu bauen, das ewig hält.
  19. Schmerz gehört zum Vorsatz, über die Materie hinauszuragen.
  20. Egozentrik ist selbstschädigend, weil das Selbst nicht ins Ego passt. Das Selbst ist Vorder- und Hintergrund. Das Ego ist nur Vordergrund.
  21. Der Begriff Kampf geht auf lateinisch campus = Feld zurück. Kampfbereit ist, wer das Feld der Gegensätze betritt und sich dort den Dingen stellt. Der Kämpfer tritt Widrigkeiten entgegen; um zu schützen oder zu erreichen, was ihm lieb ist. Wertschätzung ist die Grundlage dieses Kampfes. Sein Ziel ist es, Werte zu bewahren oder zu errichten.
  22. Zu fragen ist, was das Wort Ich überhaupt bezeichnet. Was es bezeichnet, wird erst im Bewusstsein entschieden. Bezeichnet es den Hintergrund, aus dem heraus das Bewusstsein hervorgeht, dann stimmt die Aussage: Ich bin ungeboren und unsterblich. Bezeichnet das Wort die Person, stimmt die Aussage nicht.