Burn-out-Syndrom
Psychosomatischer Erschöpfungszustand


  1. Begriffsbestimmung
  2. Symptome
  3. Ursachen
    1. 3.1. Innerseelische Dynamik
    2. 3.2. Gesellschaftliche Strukturen
  4. Abgrenzung (Differenzialdiagnose)
  5. Lösungen
Weniger ist mehr. Das Überflüssige muss weg, damit man das Wesentliche sieht.

Beim Versuch, das Gute zu verbessern, bleibt keine Zeit, es zu genießen.

1. Begriffsbestimmung

Der Begriff Burnout entstammt dem Englischen. Er benennt das Ausbrennen (to burn = brennen) der organismischen Energievorräte durch übermäßige Belastungen.

2. Symptome

Das Burn-out-Syndrom zeigt sich als Erschöpfungszustand, der sowohl die körperliche Leistungsfähigkeit als auch die mentalen Funktionen betrifft. Körpernahe Symptome können alle Organsysteme betreffen:

Von gleicher Bedeutung sind psychische Symptome:

Diagnostische Einordnung
Im aktuellen Klassifikationssystem der WHO (Diagnose-Manual ICD-10) wird das Burn-out-Syndrom als Stiefkind behandelt. Es wird nicht als eigenständiges Krankheitsbild aufgeführt, sondern als Problem mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung aufgefasst (ICD-10: Z73). Dazu werden auch Zustände der totalen Erschöpfung bzw. das Ausgebranntsein (Burn-out) gezählt.

Wegen der zunehmenden Bedeutung, die dem Problem in der modernen Leistungsgesellschaft zukommt, ist zu hoffen, dass die WHO ihm bald angemessene Beachtung schenkt.

Bei einer Chronifizierung des Erschöpfungssyndroms über das Auftreten der oben ge­nannten Symptome hinaus, ist außerdem mit schwerwiegenden Komplikationen zu rech­nen: Zu nennen sind vor allem Herzinfarkt und Schlaganfall.

Wer alle Kraft veräußert, braucht sich nicht zu wundern, wenn sie weg ist.

3. Ursachen

Die Begriffe Burn-out und Erschöpfungssyndrom weisen auf ihre Ursache hin. Das Syndrom ist eine Folge fortgesetzter Überforderung der organismischen Kraftreserven. Die Akkus sind ausgebrannt, die Quellen der Kraft überfischt.

Helfer beim Verdrängen

Der Krankheitsursache entsprechend ist der Beginn des Burn-out schleichend. Meist fängt es damit an, dass die Schlafqualität sinkt und der Nachtschlaf nicht mehr genügt, um den Energieverbrauch vom Vortag auszugleichen. Da die Last des nächsten Tages in der Folge mit geschwächter Vitalität zu bewältigen ist, entsteht ein Teufelskreis. Der Organismus greift zunehmend auf Reserven zurück. Er fängt an, sich selbst zu plündern. Bald sind die Systeme derart überdreht, dass man abends nicht mehr abschalten kann. Man liegt im Bett und ruht doch nicht. Es kreisen die Gedanken um tausend Probleme, ohne dass man einer Lösung näherkommt.

3.1. Innerseelische Dynamik

Im Grundsatz kann ein Burn-out-Syndrom jeden treffen. Jeder kann von den Notwendigkeiten des Lebens chronisch überfordert sein. Zur alleinigen Erklärung des Syndroms reicht die Belastung durch äußere Faktoren jedoch nur selten aus.

Als innere Bedingung ist oft eine Störung des Selbstbezugs zu finden, die den Patien­ten dazu treibt, sich an einem starren Selbstbild zu orientieren, statt sein tatsäch­liches Befinden zu beachten. Dementsprechend gibt es innerseelische Muster und Bereitschaften, die das Risiko erhöhen. Dazu gehören...

In der Folge nimmt der zukünftige Patient sein Problem anfangs gar nicht wahr. Er ist so damit beschäftigt, Messlatten zu überspringen, dass er das Ziehen im Sprunggelenk verdrängt. Wegen des schleichenden Beginns wird das Ausgebranntsein oft erst dann bewusst, wenn sich Symptome aufsummieren.

3.2. Gesellschaftliche Strukturen

Vermutlich leiden heute mehr Menschen unter Erschöpfungssyndromen als früher. Gesellschaftliche Entwicklungen, denen man sich als Einzelner nur schwer entziehen kann, tragen dazu bei:

Je mehr Menschen beim Kampf um Rang und Reichtum miteinander konkurrieren, desto mehr bleiben erschöpft auf der Strecke.
Opfer oder Täter
Beim Burn-out-Syndrom spielen externe Faktoren eine eindeutige Rolle. Die Erschöpfung hängt mit Forderungen des Umfelds zusammen; besonders in der Arbeitswelt. Nicht selten erleben sich Betroffene daher in einer bloßen Opferrolle. Obwohl es sachlich richtig ist, die Opferkomponente zu beachten, ist es in der Therapie genauso wichtig, sich den eigenen Anteil anzusehen. Die Heilung des Burn-out-Syndroms stellt den Patienten vor zwei Fragen:

Kreisläufe

Überforderung durch Leistungsdruck und Arbeitsplatzkonflikte führt zu erhöhter psychosomatischer Labilität. Gesteigerte Labilität führt zu mehr Fehlern, zu verminderter Kommunikations­fähigkeit und Fehlzeiten. Das wiederum verschlechtert das Arbeitsklima.

Zu den gesellschaftlichen Faktoren gehört das Arbeitsklima. Nicht nur die Leistungsmenge, die am Arbeitsplatz gefordert wird, auch das Kommunikationsklima, in dem betriebliche Abläufe vonstattengehen, trägt wesentlich zum Risiko bei. Zu nennen sind:

Kausalitäts­bedürfnis
Missstände können wir leichter ertragen, wenn wir die Ursache zu kennen glauben. Wenn wir wissen, woher das Leiden kommt, fühlen wir uns weniger ausgeliefert. Wissen ist Macht. Aus dem Kausalitätsbedürfnis heraus schreiben wir die Verantwortung für ein bestimmtes Leiden oft beliebigen Ursachen zu.

4. Abgrenzung (Differenzial­diagnose)

Die Symptome des Burn-out-Syndroms sind von denen einer Depression kaum zu unterscheiden. Es ist daher plausibel, das Krankheitsbild als Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik aufzufassen.

Die Begriffe Anpassungsstörung und Depression legen die Verantwortung jedoch einseitig in die Hand des Patienten. Da es zum besseren Verständnis des Problems zweckdienlich ist, die äußeren Ursachen mitzubedenken, ist der Begriff Burn-out-Syndrom eine Bereicherung des diagnostischen Vokabulars.

Umgekehrt ist zu beachten, dass der Begriff fehlverwendet werden kann. Von der Arbeitswelt überfordert zu sein, muss nicht an der Arbeitswelt liegen. Es kann Folge einer depressiven Erkrankung oder bestimmter Persönlichkeitsmerkmale sein, die der individuellen Psyche des Patienten entspringen.

Eine Variante des Burn-out-Syndroms kann im Bore-out-Syndrom gesehen werden. Der Begriff geht auf Englisch to bore = jemanden langweilen zurück. Nicht nur die Überforderung organismischer Kraftreserven kann schwerwiegende Probleme machen, sondern auch das Gegenteil: die Unterforderung. Nicht umsonst heißt es: Ich habe mich zu Tode gelangweilt.

5. Lösungen

Höher, schneller, weiter: in der Ferne scheint das Glück zu liegen. Tatsächlich wird das Leben durch die Suche in der Ferne aber oft bloß kompliziert.

Die Welt fordert ständig Neues: damit man lernt, ihr nicht zu dienen.

Sobald man Impulse wahrnimmt, ohne ihnen zu folgen, nimmt man die Mitte des Daseins ein.

Höher, schneller, weiter! So lautet die Parole der Gegenwart. Zum einen sind wir Opfer der Parole, zum anderen geben wir sie selber aus. An dem, was die Gesellschaft für richtig hält, kann der Einzelne nur wenig ändern, am eigenen Lebensstil dagegen viel. Wen die Parole der Gegenwart krank macht, findet die Heilung darin, ihr nicht zu folgen. Er kann....

Kurzum: Er kann all das tun, was dazu führt, dass ihn das Äußere weniger beschäftigt und er mehr Muße für den Blick nach innen hat.

Die Reduktion äußerer Belastungen kann in vielen Fällen helfen. Damit die Bewältigung einer Burn-out-Krise nachhaltig wird, ist der Blick nach innen aber oftmals unentbehr­lich. Erst wenn man erkennt, wie viel Mühe man sich gibt, um Anerkennung, Bestätigung und Geltung zu erreichen, kann man sich vor einem der mächtigsten Ausbeuter schützen, dem man im Leben begegnet: dem eigenen Ego.